Dankbarkeit´s-Challenge 2024

 



Heute soll es wieder einmal um die „Dankbarkeit“ gehen. Wie ihr wisst, nehme ich an der Challenge von Alexandra und ihrem Blog, „Was das Leben so schreibt“ teil und in dieser Woche will sie wissen, „Für welche Erinnerung aus deiner Kindheit bist du dankbar?“ Eine spannende Frage, auf die ich ihr gerne antworten mag, auch wenn meine Zeilen dabei möglicherweise etwas länger werden ....


Dankbare Erinnerungen an die eigene Kindheit sind etwas Besonderes. Man trägt sie wie ein Geschenk in seinem Herzen und man stellt dabei fest, dass es viele Menschen gibt, die solche gar nicht haben und sie vielleicht sogar schmerzlich vermissen.

Meine Eltern sprachen fast gar nicht von ihrer Kindheit. Gelegentlich erinnerte mein Vater an meinen Opa oder an einen von ihm geliebten Onkel, mehr aber kam da nicht und meine Mutter schwieg gleich ganz. „Lass mich damit in Ruhe“, sagte sie mal sehr ernst zu mir, „das war einfach nicht schön“ und dann erinnerte sie daran, dass sie mit 16 noch den Ausklopfer zu spüren bekommen hatte.

Da sah meine Welt ganz anders aus. Sie war schön, wenn auch nicht immer einfach, aber voll an Momenten, die sich für immer in mein Herz prägen sollten und von denen ich nun einige versuchen möchte, mit euch zu teilen.

So hat mich schon früh die griechische Musik geprägt. Wenn mein Vater seinen blauen Kassettenkoffer hervorholte oder eine Schallplatte auflegte, war es mir, als stände die Welt für einen Moment einfach nur still. Mein sonst so strenger, alter Herr, lachte, sang mit und tanzte. Er hörte die Klänge seiner Heimat nicht nur, er fühlte sie und wenn wir in Griechenland waren, war ich es, der als blonder Junge, urplötzlich die griechischen Lieder anstimmte, wenn auch ziemlich schief und damals auch noch gerne falsch. Alle staunten, mit welch einer Liebe dieser halb griechische Junge, mit dem so deutschen Gesicht, auf einmal lossang. Lang ist das her, aber es ist und bleibt unvergessen.

Unvergessen auch die langen Fahrten in die Heimat meines Vaters. 3.000 Kilometer, quer durch Deutschland, Österreich und das uns so fremde Jugoslawien. Diese Reisen waren gefährlich, eine echte Herausforderung für meine Eltern, für mich aber waren sie ein einziges Abenteuer. Ich erinnere mich noch gut an eine Reifenpanne in Griechenland, bei der mein Papa über all die hupenden Autofahrer schimpfte, dabei grüßten sie mich nur, denn ich stand vor dem Wagen auf dem Standstreifen und war fleißig damit beschäftigt, ihnen zu winken. Wie herrlich war das doch ... 

Herrlich auch meine deutsche Oma. Sie war eine Baptistin und das durch und durch. Jeden Sonntag fuhr sie in ihre geliebte Kirche und wenn wir sie begleiteten, hatte sie immer ein Stück Schokolade für mich dabei. Es war die kleine Belohnung dafür, dass ich mich in der Kapelle ruhig und still verhielt.

Überhaupt war meine Oma ein wichtiger Mensch in meinem Leben. Solange sie lebte, feierten wir die Bescherung am Heiligen Abend immer bei ihr. Das war toll. Ich habe es geliebt, bei ihr zu sein, den Stress dahinter, den meine Mutter dadurch hatte, habe ich erst später erkannt, denn sie musste all die vielen Geschenke von A nach B bringen, zwei Tannenbäume schmücken, doppelten Kartoffelsalat zubereiten und vieles mehr.

Meine Mama war eine tolle Frau, mit einem grandiosen Humor, der bisweilen völlig unerwartet aus ihr herausbrach. So saßen wir mal in einer Christvesper der evangelischen Kirche und der Pastor sagte, „die Menschen eilten mit großem Haufen zur Krippe“ und meine Mama fing leise an zu lachen, schaute mich an und fragte dann flüsternd: „Die eilten mit großem Haufen? Hatten die kein Klo?“. Ich brauche wohl nicht weiter ausführen, wie es für den Rest des Gottesdienstes um meine Konzentration bestellt war.

Auf meine Eltern konnte ich mich verlassen und meine Mama lass mir jeden Wunsch von den Lippen ab. So wollte ich gerne Akkordeon spielen und sie sorgte dafür, dass ich es konnte und durfte. Während mein Vater von einem Nintendo nichts hören wollen, besorgte sie mir einen solchen zum Geburtstag und bei meinem ersten Computer, antwortete sie auf meine Frage, „was meinst du, sagt denn Papa dazu?“, nur ganz stumpf, „den fragen wir erst gar nicht!“. So war sie eben.

Meine Kindheit war wirklich toll. Es gab aber auch Momente, die einfach nur doof oder sogar von Angst erfüllt waren. Blöd wurde es meist, wenn wir samstags fertig mit dem Einkaufen waren und mein Papa sagte: „Oh ja, wir haben Zeit, es ist noch früh“. Meine Mutter und ich wussten genau, was dieser Satz zu bedeuten hatte. Er hieß für uns, wir fahren jetzt noch einmal kurz, das Auto waschen. Ein Träumchen. Meine Mama und ich waren davon jedes Mal aufs Neue begeistert und ihr könnte euch gar nicht vorstellen, wie sehr. Das war so langweilig.

Und Angst? Ja, die hatte ich durchaus auch. Mein Vater hielt es für unbedingt wichtig und sah es fast schon als eine Art Pflicht an, dass ich freitags um 20.15 Uhr zur Vorbeugung „Aktenzeichen XY“ auf dem ZDF mit Eduard Zimmermann schaute. Da wurden echte Verbrechen gezeigt, unterlegt von einer furchtbar schaurigen Musik und dazu gab es Live-Schalten nach Österreich und in die Schweiz, wo man ebenfalls schrecklich aussehende Verbrecher jagte. Viele dieser Herrschaften, die man in der Schweiz suchte, waren Kosovo-Albaner, mit Namen, die kein Mensch aussprechen konnte und wenn auch mal ein Grieche gesucht wurde, rief mein Papa jedes Mal, „sieh mal das an, in Griechenland, die machen ihn fertig, die olle Bastard“. Direkt nach diesem Drama ging es dann für mich ins Bett, hinein in das dunkle Zimmer und nein, das hat mir wirklich gar nicht gefallen.

Trotzdem, ich hatte eine schöne Kindheit und dafür kann ich meinen Eltern nicht genug danken. Sie waren toll und ich trage sie voller Liebe in meinem Herzen.

Kommentare

  1. Nun bin ich wieder bei dir gelandet Giannis :-))

    Ach, ich sehe mich gerade selbst, wenn du über Akte XY erzählst, vor dem TV mit meinen Eltern und Geschwistern sitzend. Nun, es war bei uns kein Pflichtprogramm, aber es wurde gerne geschaut. Ich erinnere, dass ich wohl Ängste dabei hatte, aber die nahm ich nicht mit ins Bett.

    Schön zu lesen, wie du von deiner Mama sprichst! Herrlich die Geschichte aus der Kirche. Ich kann mir das gut vorstellen! :-))

    Danke auch dir für deine Offenheit hier zu Alexandras Challenge.

    Liebe Grüße

    Anne

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  2. Lieber Gannis,

    Das sind wirklich tolle Erinnerungen und schön konntest du sie dir im herzen bewahren. ach ja, Aktenzeichen XY Ungelöstg.... ich glaube, es gibt kein Kind das dies nicht wenigstens ab und an gesehen hat. Ich kann mich ganz schwach erinnern das meine Grosseltern das auch immer geguckt haben und ich natürlich wohl auch, da ich sehr oft übers Wochenende bei ihnen schlief. Aber einmal, dass weiss ich noch, keine Ahnung wie alt ich war, aber nicht mehr so klein, denke so 10, wurde plötzlich über den Vater eines besten Freundes, mit dem ich seit klein aufgewachsen bin, berichtet. Das ist mir echt eingefahren, ich wusste zwar das da was komisch ist, weil der Vater nie zu Haue war, und wenn doch, immer nur für kurz. Und plötzlich wusste ich was los war und ich hab beschlossen nichts zu sagen, nicht nur wegen mir sondern wegen meinem Freund, dem das sicher total unangenehm gewesen wäre. Dies ist eine der wenigen Erinnerungen die ich habe, aber eben nicht schön. Die macht mich jedes mal traurig. Denn die Geschichte zog sich und es ende nicht so toll, auch für meinen besten Freund damals nicht.

    Ich danke dir aber das du uns wieder hast teilhaben lassen an deinen Erinnerungen die so schön spannend und abenteuerlich klingen, das sie mir ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Danke für deine Teilnahme.

    Liebe Grüsse
    Alexandra

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