Fotografieren im Flow

 


Du liebst es Portraits zu fotografieren und du möchtest deine Bilder auf das nächste Level bringen? Das Buch “Fotografieren im Flow“ (von Benjamin Wohlert) möchte genau das erreichen und kommt deswegen gleich mit „50 wertvollen Tipps für deine Entwicklung in der Portraitfotografie“ daher.

Aber sind diese  Ratschläge ihr Geld auch wert und braucht man solch eine Lektüre heute überhaupt noch, wo doch moderne Kameras angeblich alles von ganz alleine können?

Ich habe mir das Teil für euch mal genauer angeschaut und eine klare Meinung dazu. Welche!? Das erfahrt ihr in meinem heutigen Artikel.


Machen wir uns nichts vor. Die meisten Sachbücher haben einen Spannungsgrad, der so aufregend ist, wie eine Sonnenblume bei Wachsen zu beobachten. Das ist einfach so und daran lässt sich auch nichts ändern! 

Naja oder vielleicht doch?

Meine erste Spiegelreflex-Kamera war eine Canon 1200D. Ich kaufte sie mir bei einem Elektromarkt, dessen Name nichts zur Sache tut und das deswegen, weil nicht blöd war, also zumindest nicht beim Shoppen. Vom Fotografieren wusste ich damals allerdings nur äußerst wenig, um nicht zu sagen, gar nichts. Also gab es noch ein Buch oben drauf, damit der komische Mann hinter dem Sucher auch weiß, was er da eigentlich tut. Was für eine schöne Idee.

Angeblich war das dicke und schwere Lehrmaterial für Anfänger geschrieben, doch irgendwie erreichte es mich so gar nicht. Im Gegenteil, es machte mich beim Lesen eher wütend und am Ende sogar regelrecht sauer, denn ich fühlte mich von Seite zu Seite immer kleiner und doofer.

Warum? Na, wenn du von Fachbegriffen und exotischen Worten mehr derart erschlagen wirst, dass du kaum noch klar denken und dich konzentrieren kannst, dann nimmt dir das so sehr die Lust am Fotografieren, dass du mindestens ab Seite 10 freiwillig darüber nachdenkst, deine Kamera aus dem Fenster zu werfen und dir ein anderes Hobby zu suchen. 

Ich wollte spontane Bilder machen, kein Gerät bedienen, für das man gefühlt ein Hochschulstudium mit dazugehörigem Diplom gebraucht hätte.

Also: Für mich muss auch ein Sachbuch den Leser packen und faszinieren. Und wie vermag es dieses zu tun? Ganz einfach, in dem es so geschrieben ist, dass es wirklich auch jeder versteht. Wenn der Autor sich selbst nicht zu ernst nimmt, einen gewissen Humor hat und sich neben, aber nicht über den Leser stellt, dann ist die halbe Miete schon gewonnen.

Die Tipps müssen dann aber natürlich auch wirklich gut sein und einen gewisse Nutzen  haben. Als Leser will ich Neues erfahren und nicht das hören, was man ohnehin schon weiß. Das erinnert so ein wenig an die vielen Kochrezepteschreiber bei Instagram. „Pizza schmeckt noch besser und intensiver, wenn Sie diese vor dem Backen im Ofen aus dem Karton nehmen“. Ach was, wer hätte das gedacht. Das ja mal ein Ding!

Benjamin Wohlert stellt mit „Fotogrfieren im Flow“ die "Sachbuchwelt" einfach mal völlig auf den Kopf. Er erzählt äußerst realistisch, witzig, schnell und einfach. Schon nach wenigen Seiten hat man das Gefühl, bei seinen Shootings dabei zu sein und ihn zu begleiten. So wird Lesen zum Abenteuer und man hat gar keine Lust, seinen Reader freiwillig wieder aus der Hand zu legen.

Die einzelnen Tipps sind kurzgehalten und sofort anwendbar. Es gibt keine versteckten Fallhöhen und auch keine Aufforderungen, sich irgendwelches Equipment kaufen zu müssen. Das gefällt nicht nur, das macht sogar richtig Spaß.

Auch geht es Wohlert nicht nur um Technik. Er beleuchtet in seinem Buch einen mindestens genauso wichtigen Punkt, nämlich die Kommunikation und den Umgang mit einem Model. Besonders was er hierzu schreibt und sagt, ist wirklich Gold wert, denn aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schwer es, besonders am Anfang ist, einen Menschen vor der Kamera anzuweisen und ihn zu dirigieren.

Wer Wohlerts Bilder auf Instagram sieht, der weiß, seine Damen fühlen sich wohl bei ihm, denn das sieht man einfach in dem Ausdruck ihrer Gesichter. Das ist wirklich Gefühl und Seele drin. Seine Fotos besitzen eine ganz eigene Ausstrahlung und kennen nur eine Aussage, nämlich "Hier weiß der Fotograf ganz genau was er tut".

Also nochmal:

Braucht man „Fotografieren im Flow“? Nein, denn Porträts kann man natürlich auch ohne 50 kreative Tipps machen. Aber, um für diese Frage mal eine Metapher zu bemühen, das ist letztlich dann auch so, als würde man beim Abendessen die Auflage auf dem Brot einfach weglassen. Mich haben die Hinweise und Erklärungen in diesem Buch wirklich reicher und stärker in meinem Fotografieren gemacht und von daher, bekommt so ein kleines Meisterwerk von mir dann auch volle 10 von nur 5 möglichen Sternen.

Ach ja! Ich verdiene natürlich nichts an dieser Rezension. Ich bin in einer Fotogruppe, die es bei Telegram für die Leser des bewerteten Buches gibt, ich schätze die Bilder von Benjamin und von daher, sage ich auch gerne, dass ich das was er macht, richtig gut finde. Es ist übrigens kein Verbrechen, jemanden einfach mal zu lobben, statt sich immer nur darüber aufzuregen, dass er besser ist als man selbst. Ich zumindest habe kein Problem damit.

Bleibt zuletzt die Frage, ob Fotoliteratur im Allgemeinen überhaupt noch zeitgemäß ist? Ich meine, die ganze Welt ist heute mit dem Handy unterwegs. Das macht die „guten Bilder“ quasi ganz von alleine. Tja, das stimmt, aber auch wieder nur bedingt. Wer nicht weiß, was ISO, Blende, Belichtungszeit und Bokeh sind, der kriegt auch hier Probleme und ein Handy spricht auch nicht mit dem Model. Ich meine, das wäre vielleicht mal eine Idee für die Zukunft, fotografische Anweisungen gesprochen von einer lieblosen und und wenig emotionalen KI: „Schauen Sie bitte in die Linse, den Kopf runter, hoch, höher, tiefer, rechts, links, Blusenknopf auf, wieder zu..."

Ganz ehrlich? Ich will das nicht. Ich will meine eigenen Bilder und die von Benjamin, von Menschen und mit Menschen gemacht.

Also, wenn du gerne Portraits fotografierst, dann hol dir dieses Buch! Ich kann es dir wirklich nur wärmstens empfehlen. In der Kindle-Edition kostet es nicht mal 10 Euro. Dafür bekommst 146 Seiten geballtes Wissen und einen Fotografen zum Anfassen, dem man bei Instagram Fragen und vieles mehr stellen kann. Da stimmt einfach alles und du wirkst merken, deine Shootings werden von mal zu mal und von Tipp zu Tipp besser werden.

Ich verspreche es dir.

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