Begegnungen
Wenn wir von Begegnungen sprechen, denken wir dabei meist an Menschen. Aber auch Orte können sich für immer in unser Gedächtnis brennen und genau von solchen, möchte ich euch heute erzählen.
Der Friedhof in Bremerhaven
Meine Oma liebte es, wenn wir am Sonntag mit ihr gemeinsam auf den Friedhof fuhren. Hier lagen ihre Eltern begraben und so war ich schon als kleines Kind mit dabei, wenn es wieder einmal dorthin ging.
Unwohl oder gar ängstlich fühlte ich mich dabei nie. Im Gegenteil. Es war sogar schön dort. Besonders der Kinderfriedhof strahlte eine ganz eigene Wärme aus. Hier lagen Spielzeuge und Figuren auf den Gräbern, was mich durchaus faszinierte.
Unwohl oder gar ängstlich fühlte ich mich dabei nie. Im Gegenteil. Es war sogar schön dort. Besonders der Kinderfriedhof strahlte eine ganz eigene Wärme aus. Hier lagen Spielzeuge und Figuren auf den Gräbern, was mich durchaus faszinierte.
Wenn ich so daran zurückdenke, dann war der Bremerhavener Friedhof immer hell und freundlich. Es gab nur einen Ort, an dem er es nicht war, nämlich dort, wo ein gewisser Onkel Harald lag. Dessen Stein befand sich an einem winzigen und engen Weg. Man betrat ihn über eine seltsame Öffnung in einer Mauer und hier sahen alle Steine dann exakt gleich aus. Es waren im Zweiten Weltkrieg gefallene Soldaten, die hier lagen, im Schatten und Dunkel riesiger Bäume.
Oh, ich mochte diesen Teil des Friedhofes nicht, denn er fühlte sich furchtbar fremd und kalt an.
Am Ende des langen Weges mit den vielen Kreuzen stand eine kleine Halle, die ähnlich einer Kapelle aussah. An manchen Tagen war sie geöffnet. Sie war rund und an der Wand, direkt gegenüber ihrer engen und schmalen Tür, befand sich eine Bronzestatue eines an das Kreuz genagelten Jesus Christus. Auch er sah kalt und unnahbar aus.
An der Wand waren die Namen von Soldaten zu lesen. Auch Onkel Harald war dort verewigt. Meine Oma stand oft hier und verweilte dort für einen kurzen Moment. Mir aber gefiel es dort gar nicht.
Die Kreuze von Verdun
Jahre später ging es mit der 10. Klasse für mich nach Saarburg. Es war unsere Abschlussfahrt und eine, im wahrsten Sinne des Wortes, wirklich wilde Reise, bei der so manchen Hemmungen über den Haufen geworfen wurden, denn es ging einfach, nur darum Spaß zu haben. So wurde gefeiert, getanzt, getrunken und gefummelt, was das Zeug hält. Als Außenseiter war ich dabei zwar außen vor, aber so freizügig und frivol hatte ich meine Klassenkameraden bisher wirklich noch nie erlebt. Es war immer laut, immer wild und auch immer feuchtfröhlich.
Dann aber fuhren wir an einem Tag mit dem Bus nach Frankreich. Es ging nach Verdun und dort auf das berühmte Gelände der Schlacht vom Ersten Weltkrieg. Die Halle, die dort stand, war riesig und unser Aufenthalt hier begann mit einem furchtbar düsteren Videofilm über die Kriege auf dieser Welt. Anschließend durften wir zwischen tausenden Kreuzen umherlaufen. Es war furchtbar und derart schockierend, dass selbst die größten Partyhelden plötzlich verstummten. Auf einmal lachte niemand mehr. Es gab nur noch ungläubiges und bestürztes Schweigen.
Die Kaserne im Ferien-Paradies
Mitte der 90er-Jahre reisten meine Eltern und ich nach Griechenland, jedoch nicht zu unserer Familie dort, sondern auf die berühmte und bekannte Insel Rhodos. Sie ist die Touristenhochburg schlechthin.
In der alten Inselhauptstadt wird gehandelt und verkauft, was das Zeug hält. In Lindos, am anderen Ende der Insel, kann man hoch oben auf einem Berg, eine Akropolis besuchen und wenn man mutig genug ist, sogar mit einem Esel dort hinauf reiten. Das Meer ist überall und wem Griechenland nicht reicht, der kann mit einem der vielen Boote schnell und einfach auch in die Türkei übersetzen. Bei gutem Wetter sieht man die türkische Flagge bereits vom griechischen Strand aus. Des Nachts ist die Insel so offen und freizügig, wie es einst auch unsere Klassenfahrt war. Besonders in dem Ort „Faliraki“ geht es hier mit Einbruch der Dunkelheit hoch her.
Unser Hotel lag einen Ort weiter in Richtung Lindos. Er hieß Olympia und war wirklich wunderschön. Es gab hier eine alte Taverne, in der des Abends zum Sirtaki getanzt wurde, auch einen Supermarkt und kleinere Souvenirläden.
Doch das winzige Dorf konnte auch anders. Bog man nämlich in eine bestimmte Straße ab, sah man nichts mehr von den Hotels und seinen Touristen, stattdessen aber wehten einem energische und laute Wortfetzen entgegen. Hier befand sich inmitten des Paradieses eine kleine Kaserne und dort wurde auf das Härteste trainiert. Mein Vater beobachtete das und in seinem Gesicht war eine Mischung aus Respekt und Angst zu sehen. „Der Feind ist eben nur wenige Seemeilen entfernt“, sagte er und irgendwie gefiel diese Erkenntnis weder meiner Mutter noch mir, aber sie war dennoch richtig.
Begegnungen – heute erzählen sie von drei Orten, an die ich besonders in den vergangenen Tagen einmal mehr denken musste und von denen ich mich frage, ob sie uns wirklich gar nichts gelehrt haben. In Europa und im Nahen Osten ist Krieg. Jeder Soldat, der hier stirbt, ist ein Kreuz irgendwo auf einem gefühlskalten Friedhof zu viel und jeder Mensch hinterlässt damit auf tragische Weise seine ganz eigene Geschichte.
Lieber Giannis,
AntwortenLöschenein sehr beeindruckende Begegnungen. Friedhöfe haben alle ihre ganz eigene Atmosphäre, Ausstrahlung. Am alten Ort wo wir gewohnt haben gab's auch einen, wirklich ein wunderschönen. Mit Teich und Enten die jedes Jahr da brüten, Frösche die leichen und mit schönen Seerosen und Schilf. Dann immer wieder Ecken mit Bänken, und schöne Bepflanzung. Da war ich immer sehr gerne, es war einwirklich friedlicher Ort. Ich war vor allem an warmen und schönen Tagen da, auch mit Buch oder Kamera unterwegs. einfach weil's abseits der Hektik einfach angenehm war so mitten in der Stadt. Und so ein Teil mit Kindergräber hatten wir da auch... sehr anrührend. Ich fand das immer so faszinierend, draussen verkehr und laut, und nur ein paar schritte durchs Tor und es legte sich eine gewisse Stille über den Ort, also wär er von der Aussenwelt beschützt.
Am neuen Ort, haben wir auch einen grossen Friedhof, aber dieser hat für mich nicht die selbe Anziehungskraft wie der andere. Er ist nicht düster, gar nicht und er ist auch eher wie ein Park mit schönen ecken mit Bänken und so weiter, aber mit ihm kann ich mich nicht richtig anfreunden, keine Ahnung warum.
Danke fürs teilen der 3 Begegnungen!
Liebe Grüsse
Alexandra
Liebe Alexandra, hab Dank für dein nettes Feedback. Oh ja, Friedhöfe können schon ein sehr beeindruckendes Motiv sein. Der Andreas war ja auch solchen auch schon fotografisch unterwegs. Herzliche Grüße dir.
LöschenHallo Giannis,
AntwortenLöschentatsächlich mag ich Friedhöfe auch. Sehr sogar. Die Ruhe, die Stimmung und der Frieden, der dort herrscht beruhigen mich sehr. Außerdem kann ich da gut nachdenken.
Einen Kinderfriedhof hab ich noch nicht gesehen. Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich das verkraften würde. Als wir in Wien waren, wollte ich gern zum Zentralfriedhof, nicht zuletzt, weil die Handlung in einem meiner Lieblingsromane dort spielt. Aber die Männer waren leicht entsetzt, dass ich im Urlaub zu einem Friedhof will!
liebe Grüße
Sabine
Hallo Sabine, wie schön, dich zu lesen. Mensch, der Zentralfriedhof wäre aber doch echt ein Highlight gewesen. Nicht nur, dass dort der legendäre "Falco" begraben ist, der Zentralfriedhof ist auch eine einzigartige Mischung aus Park und Friedhof. Also beim nächsten Besuch unbedingt hin da! Beste Grüße
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